Autor
Veröffentlicht am
12. Okt 2023
von David
Es geht heiß her in der Diskussion um den Glücksspiel-Survey. Zuerst wurde dieser von einer Statistikerin in einem neuen Gutachten regelrecht auseinandergenommen. Dabei wurden viele Punkte stark kritisiert.
Anschließend reagierten wiederum die Autoren Prof. Dr. Gerhard Meyer, Dr. Jens Kalke, Dr. Sven Buth und Dr. Holger Liljeberg in einer Stellungnahme, diese kritisierten ihrerseits das Gutachten.
Nun scheint sich ein regelrechtes Hin und Her zwischen der Gutachterin Katharina Schüller und den Autoren des Glücksspiel-Surveys zu entwickeln. Nun antwortete Katharina Schüller ihrerseits wieder auf die vorgebrachten Vorwürfe und lädt überraschenderweise die Autoren jetzt zu einer gemeinsamen Zusammenarbeit ein.
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Gutachterin wünscht sich eine wissenschaftliche Diskussion ohne persönliche Angriffe
Die renommierte Statistikerin führte in ihrer neuen Stellungnahme aus, dass eine direkte Kooperation zielführender sei als weitere öffentliche Stellungnahmen. Dabei betonte sie auch, dass sie sich von persönlichen Angriffen distanziert und einen Austausch ohne „Polemik“ fordert.
„Die Versuche der Herabwürdigung sowohl meiner Person sowie mindestens mittelbar auch der wissenschaftlichen Qualitäten von Prof. Dr. Münnich, mit denen die Survey-Autoren ihre Stellungnahme einleiten, nehme ich zur Kenntnis. Ich erachte es als Wissenschaftlerin nicht für erforderlich, diese zu kommentieren.”
Schüller und Prof. Münnich – der in der Stellungnahme der Autoren nicht direkt erwähnt wurde – betonten, dass die Auftraggeber der Studie zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Ergebnisse des Gutachtens genommen hätten. Sie äußerten ihre Vorfreude auf eine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Autoren, da die Wissenschaft von engagierten Streitgesprächen lebe. Dabei verzichtete sie jedoch nicht darauf, erneut darauf zu bestehen, dass alle Parteien dabei auf Polemik und persönliche Angriffe verzichten sollten.
Gutachterin vermutet nur oberflächliche Betrachtung seitens der Autoren
Die im Gutachten geäußerten Kritikpunkte blieben laut Schüller nach wie vor bestehen. Sie vermutete, dass die Autoren der Studie aufgrund der kurzen Zeitspanne seit der Veröffentlichung des Gutachtens noch nicht ausreichend Zeit hatten, sich eingehend damit auseinanderzusetzen. Dies sei die einzige Möglichkeit, um die in der Stellungnahme enthaltenen Behauptungen und Rechtfertigungsversuche sowie die Tatsache, dass Prof. Dr. Ralf Münnich in der Stellungnahme gänzlich unerwähnt geblieben sei, zu verstehen und einzuordnen.
Außerdem betonte Schüller, dass die Stellungnahme der Autoren ein weiterer Beleg dafür sei, dass Methodenexperten grundsätzlich in die Planung und Auswertung von Studien dieser Art einbezogen werden sollten. Das sollte zur Qualitätssicherung der Ergebnisse beitragen. In ihrer Antwort wolle Schüller daher die Rechtfertigungs-Argumente der Autoren lediglich noch einmal “knapp” kommentieren.
Zahlreiche Methoden im Glücksspiel-Survey seien veraltet
Erstens sei der Versuch, die Mixed-Mode-Methode der Studie zu rechtfertigen, gescheitert. Die Literatur, mit der die Autoren die Mischung aus Telefon- und Online-Befragung begründeten, sei veraltet. Auch das Argument, dass diese Art der Befragung im Rahmen von Wahlforschung zum Einsatz komme, wäre irrelevant.
Die extrem hohe Nonresponse-Quote von 90 % in der Online-Befragung sei im Gegensatz zu der Argumentation der Autoren sehr wohl von großer Bedeutung. Der Gutachterin zufolge wäre sie mit „kaum lösbaren methodischen Problemen verbunden”, daher müsse dieser Fakt sehr wohl diskutiert werden. Zudem hätten die Autoren nicht aufgezeigt, ob sie sich dieses Problems überhaupt bewusst waren und falls ja, wie sie es gelöst hätten.
Weitere Debatte um “riskantes Spielverhalten”
Weiterhin geht Schüller auf die Rechtfertigung der von den Autoren eingeführten Kategorie der “riskanten Spieler” ein. Während das sogenannte Risikospiel auch in anderen Studien ermittelt werde, beispielsweise in den Studien der BZgA, sei im Glücksspiel-Survey eine falsche Zuordnung erfolgt. So hätten die Autoren die „riskanten Spieler” den „problematischen Spielern” zugerechnet. Der Kern der Problematik besteht darin, dass durch das Zusammenwürfeln dieser Punkte am Ende deutlich mehr Spieler mit problematischen Spielverhalten im Glücksspiel-Survey angegeben wurden als dies tatsächlich der Fall ist.
Dafür wurden die sogenannten DSM-5-Kriterien genutzt, bei denen jedoch ein großer Widerspruch auf Seiten der Autoren vorläge. Diese haben nämlich selbst gesagt, dass es sich bei den DSM-5-Kriterien um ein individualdiagnostisches Instrument handle, dessen Eignung für epidemiologische Untersuchungen möglicherweise nicht ausreiche. Schüller zitiert einen Beitrag aus dem Jahr 2016:
„Auch wenn die DSM-5-Kriterien eine zufriedenstellende Verlässlichkeit, Gültigkeit und Genauigkeit bei der Klassifizierung erreichen, könnten sie für epidemiologische Studien schlussendlich weniger geeignet sein, da sie ursprünglich für die klinische Nutzung entworfen wurden.”
Fehlende Transparenz wird weiterhin kritisiert
Abschließend betont die Statistikerin, dass die Autoren nach wie vor nicht zur Transparenz bereit sind. Schüllers Bitte, Einblick in die erhobenen Rohdaten, die genutzten Fragebögen und Begleitmaterialien zu erhalten, hätten die Autoren brüsk zurückgewiesen. Am 11.07.2023 haben diese dann die Korrespondenz mit ihr per E-Mail gänzlich abgebrochen.
Die Gutachterin gibt den Autoren nun weiterhin die Chance, die erfragten Materialien offenzulegen, um die fehlende Transparenz herzustellen. Sie betont nach wie vor ihre Bereitschaft zur weiteren wissenschaftlichen Diskussion rund um den Glücksspiel-Survey und das kritische Gutachten zu diesem. Es wird spannend werden, ob es tatsächlich zu einer Kooperation der beiden Parteien kommen wird. GambleBase bleibt natürlich an den Entwicklungen dran und berichtet euch, wenn es etwas Neues gibt.