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Autor
Überarbeitet am
03. Sep 2024
von Timo
Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) hat für das abgelaufene Jahr 2023 ihren Tätigkeitsbericht vorgelegt.
Der Bericht beschreibt das grundlegende Vorgehen der GGL, reflektiert Maßnahmen und Erfolge des vergangenen Jahres und analysiert die Entwicklung des Glücksspielmarktes im Jahr 2023.
Wir beleuchten die dort getroffenen Aussagen kritisch und ordnen ein, was für Spieler relevant ist. Dafür hat das GambleBase Team umfassendes Datenmaterial ausgewertet.
Folgende Punkte erscheinen uns besonders wichtig:
- Die Kanalisierung des Online-Glücksspielmarktes in einen geordneten und überwachten Bereich ist bisher nicht ausreichend gelungen.
- 25 % der Suchtreffer im Zusammenhang mit Online-Casinos bei Google.de führen zu illegalen Anbietern.
- Das lizenzierte Glücksspielangebot ist für Spieler unattraktiv und die Lizenznehmer sind gegenüber dem illegalen Markt nicht wettbewerbsfähig. Spieler werden durch ein unattraktives Glücksspielangebot in den illegalen Markt gedrängt.
- Das von der GGL als besonders erfolgreich benannte Payment-Blocking findet in der Praxis nicht statt. Alle populären Zahlungsanbieter sind nach wie vor in illegalen Online-Casinos vertreten.
- Der illegale Markt ist um ein Vielfaches profitabler als der legale Markt. Affiliates verdienen mit Werbung für illegale Anbieter das bis zu 25fache dessen, was im legalen Bereich zu verdienen ist.
- Die Steuereinnahmen bei lizenzierten Anbietern brechen im Vergleich von Mai 2023 und Mai 2024 um 27 % ein.
- Immer mehr legale Anbieter kehren dem deutschen Markt den Rücken. Profiteure sind die Anbieter von illegalem Glücksspiel.
Wird der illegale Markt durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 zurückgedrängt?
Der Vorstand der GGL Ronald Benter spricht davon, dass die Überführung des ehemals illegalen Marktes in den legalen Markt weitestgehend umgesetzt sei:
Das mit dem GlüStV 2021 verfolgte Ziel der Überführung des ehemals illegalen Marktes in den legalen Markt ist damit weitgehend umgesetzt. Der Großteil der ehemals illegalen Glücksspielanbieter steht nun unter Aufsicht der GGL und muss sich an strenge Auflagen halten…“[1]
Diese Aussage muss stark bezweifelt werden. So berichten NDR[2] und ZEIT ONLINE[3] von steigenden Fallzahlen beim illegalen Glücksspiel in Mecklenburg-Vorpommern und Bayern[4], wie auch Tim Pargent, Sprecher für Finanzen der Landtags-Grünen beklagt:
Die Fallzahlen beim illegalen Glücksspiel in Bayern gehen durch die Decke.“[5]
Auch wir haben im Mai schon ausführlich auf die Thematik hingewiesen.[6] Gegenüber dem Vorjahr, zeigt die polizeiliche Kriminalstatistik 2023 (PKS) eine Steigerung um 183,8 %, was einer Verdreifachung der angezeigten Straftaten entspricht. Vergleicht man die Zahlen aus 2016 mit denen aus 2023, stellt man sogar eine Verzehnfachung der Zahlen fest.[7]
Eine Kanalisierung des Glückspielbereichs in den legalen Bereich findet nicht im erforderlichen Umfang statt
Eine aktuelle Studie der Universität Leipzig unter Leitung von Professor Gunther Schnabl und Taiki Murai kam zu dem Ergebnis, dass die Hälfte der Spielzeit im illegalen Raum stattfindet.[8]
Auch Dr. Jörg Bewersdorf, der langjährige Geschäftsführer von Tochterunternehmen der Gauselmann AG, zeigt in seinem Beitrag für die Zeitschrift ZfWG „Die misslungene Kanalisierung bei Automatenspielen“[9] auf, dass dieses zentrale Thema des GGL-Staatsvertrages nicht oder zumindest nicht ausreichend umgesetzt worden ist. Auch wenn die GGL solche Kritik zurückweist und auf unterschiedliche Methoden der Datenerfassung sowie eine tendenziöse Erfassung der Datenlage durch die Glücksspielindustrie verweist[10], dürfte die Vielzahl der Daten unterschiedlicher Herkunft darauf hinweisen, dass es beim Kanalisierungsziel ein ernsthaftes Problem für die GGL gibt. Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen ist die GGL daran interessiert, eine gemeinsame Position mit der Glücksspielindustrie zu finden, die belastbare Zahlen liefert.[11]
Affiliate Marketing im Glücksspielbereich
Bereits im Oktober 2022 haben wir in einer Studie festgestellt, dass trotz neuer Rechtslage illegale Werbung für nicht lizenzierte Casinos im deutschen Markt überwiegt. Unsere Analyse unterschiedlicher Werbeangebote zeigte, dass illegale Werbung mit über 90 % dominiert.[12]
Diese Analyse wurde in einer weiteren Studie[13] im Juli 2023 bestätigt. Trotz Glücksspielstaatsvertrag bewerben noch immer 76 % der deutschen Affiliate-Werbeanzeigen illegale Angebote im Bereich der Online-Casinos. Über 1.000 Affiliate Links wurden für die Studie untersucht.
Google Ergebnisse zum Bereich Online-Casino
Im Juli 2024 wollten wir herausfinden, ob sich die Lage verändert hat. Diesmal haben wir sechs beliebte Suchbegriffe unter die Lupe genommen:
- Online-Casino
- Casino
- Online-Casino Deutschland
- Casino Bonus ohne Einzahlung
- casino bonus ohne einzahlung 2024
- Casino online
Laut dem Keyword-Planer von Google Ads und Ahrefs.com kommen diese sechs Keywords insgesamt auf ein monatliches Suchvolumen von weit über 100.000 Anfragen. Das bedeutet allein nach diesen Suchbegriffen suchen pro Monat mehr als 100.000 Menschen in Deutschland bei Google.
Die Suchmaschine Google liefert auf der Such-Ergebnisseite zwei Arten von Treffern: bezahlte Anzeigen sowie nicht bezahlte, sogenannte „organische“ Suchtreffer. Bezahlte Anzeigen werden von Anbietern bezahlt, damit sie bei den Suchergebnissen prominent auf der ersten Seite angezeigt werden. Google kennzeichnet diese Suchergebnisse mit dem Hinweis „Gesponsert“. Organische Suchtreffer sind Suchergebnisse einer Suchmaschine, für die nicht bezahlt wurde. Werbetreibende können diese Ergebnisse nicht direkt erkaufen. Es sind die Ergebnisse, die von der Suchmaschine als die relevantesten für die Anfrage des Nutzers eingeschätzt werden. Wenn man sich die Ergebnisse im Detail anschaut, ist wichtig zu wissen, dass die Suchergebnisse personalisiert sowie dynamisch sind, das heißt sie können sich laufend verändern.
Keyword “Online-Casino”:
Keyword “Casino”:
Keyword “Online-Casino Deutschland”:
Keyword “Casino Bonus ohne Einzahlung”:
Keyword “casino bonus ohne einzahlung 2024”:
Keyword “Casino online”:
Insgesamt wurden die sechs Keywords mit insgesamt 90 Suchtreffern analysiert. Es gab 69 organische Suchtreffer und 21 bezahlte Suchtreffer.
Bei den bezahlten Suchergebnissen verwiesen drei der 21 Suchtreffer auf Seiten mit Werbelinks zu illegalen Online-Casinos. 18 der Suchtreffer im bezahlten Bereich verlinkten auf legale Spielangebote.
Bei den organischen Suchtreffern verwiesen 50 der Suchtreffer auf legale Affiliate Seiten oder legale Online-Casinos. 19 verwiesen auf illegale Angebote. Überwiegend handelte es sich bei den illegalen Suchtreffern um Affiliate Seiten, die auf nicht lizenzierte bzw. illegale Online-Casinos verlinkten.
Bei 90 Suchtreffern wurde also 68-mal auf legale Online-Casinos oder Affiliate Seiten verwiesen, die Links zu Anbietern von der Whitelist der GGL enthalten. 22-mal wurden Suchtreffer angezeigt, die auf illegale Online-Casinos oder illegale Affiliate Seiten verwiesen. 25 % der Suchergebnisse führen den Suchenden also auf illegale Angebote, 75 % der Suchergebnisse führen zu legalen Anbietern. Das ist gegenüber den Ergebnissen bei der Affiliate Werbung zwar ein besseres Ergebnis, trotzdem bleibt es für Spieler weiterhin ein Glücksspiel, ob sie über eine Googlesuche bei einem legalen oder illegalen Anbieter landen. Wer nach illegalen Anbietern sucht, wird innerhalb weniger Sekunden fündig. Daran hat die GGL bisher nicht viel geändert.
Keine Erfolge bei der Reglementierung ausländischer Anbieter von Online-Glücksspielen
Während die legalen Anbieter umfassend überwacht werden und sich an die strikten Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags halten müssen, können ausländische, illegale Anbieter aus Curacao, Gibraltar oder Malta weitestgehend ungehindert agieren (mehr Informationen dazu gibt es in unserem Podcast). Die legalen Anbieter sind einer engmaschigen Überwachung unterworfen, müssen sich an die Vorgaben des Staatsvertrages halten und sind dadurch nicht wettbewerbsfähig. Währenddessen operieren illegale Anbieter aus dem Ausland meist ohne Einschränkungen und ohne Sorge vor deutscher Strafverfolgung.[14]
Kurze Zusammenfassung der einschränkenden Vorgaben aus dem Staatsvertrag:
- Pro Spieler gibt es ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 €
- Das Limit gilt über alle Glücksspielanbieter im Internet hinweg in Summe
- Für virtuelle Automatenspiele besteht ein Einsatzlimit von 1 € pro Spielrunde
- Virtuelle Automatenspiele dürfen keine Autoplay-Funktion haben, die das automatische Abspielen mehrerer Runden ermöglicht
- Eine Spielrunde muss mindestens fünf Sekunden dauern
- Progressive, sogenannte vernetzte Jackpots sind beim Spielen im Internet verboten.
- An Minderjährige gerichtete Werbung bleibt untersagt
- Die Werbezeit für Glücksspiele im Internet ist auf die Zeit von 21 Uhr bis 6 Uhr beschränkt
- Auf alle Einsätze von Glücksspielern im Internet wird eine Glücksspielsteuer von 5,3 % erhoben
- Live Casino-Spiele wie Roulette oder Blackjack werden im legalen Glücksspielbereich derzeit nicht angeboten. Ob es zu einer Zulassung kommt, ist derzeit unklar
- Alle Spieler sowie deren Einzahlungen auch bei unterschiedlichen Anbietern werden seit 2023 bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder registriert und überwacht
- Bei Bonusangeboten müssen legale Anbieter strikte Vorgaben einhalten. Der gesetzlich festgelegte Maximalbetrag für Bonusangebote liegt bei 100 Euro pro Spieler und Jahr. Illegale Glücksspielanbieter bieten oft Bonusguthaben von 200 oder sogar 500 Euro für eine Neuregistrierung. Die Neukundengewinnung ist für illegale Anbieter damit wesentlich einfacher als für legale Anbieter
Folgen der Einschränkungen für die legalen Anbieter von Glücksspielen
Da sich illegale Anbieter an die oben genannten Einschränkungen nicht halten, können sie den Spielern einen höheren RTP-Wert (Return to Player) bieten, als dies legale Anbieter können. So kommt es zu der absurden Situation, dass Spieler in illegalen Online-Casinos Casinos auf lange Sicht mehr Geld gewinnen können als in legalen. Das sind ungünstige Voraussetzungen, um den illegalen Markt trockenzulegen. Verstärkt wird das noch durch die Firmensitze zum Beispiel in Curaçao, Malta oder Gibraltar. Lizenzgebühren sind dort erheblich billiger und eine Steuerbelastung oft nicht vorhanden. Wir haben eine ausführliche Kolumne verfasst, wie der Glücksspielstaatsvertrag den illegalen Markt stärkt.
Was bedeutet RTP?
Der Return to Player ist ein Wert, der in Prozent ausdrückt, wie viel von dem Geld, das Spieler einsetzen, von einem bestimmten Glücksspielautomaten oder Glücksspiel wieder an die Spieler ausgeschüttet werden. Der Wert wird in Prozent angegeben. Liegt der RTP bei 97 %, so werden von 100 eingesetzten Euro 97 wieder an die Spieler ausgezahlt. Da ein legaler Glücksspielanbieter alle Kosten, die durch die Regulierung entstehen, in den RTP einzurechnen hat, den er anbietet, wird dieser fast immer unter dem RTP liegen, den ein illegaler Anbieter seinen Spielern bieten kann. Für legale Anbieter und Spieler, die in legalen Online-Casinos spielen, sind die Rahmenbedingungen also aktuell sehr unattraktiv. Das ist der Grund, weshalb keine ausreichende Kanalisierung der Spieler vom illegalen in den legalen Markt stattfindet.
Konkretes Beispiel für den unterschiedlichen RTP bei legalen und illegalen Glücksspielanbietern
„Book of Dead“ des Spieleherstellers Play’n Go ist einer der beliebtesten Online-Spielautomaten. Illegale Anbieter bieten eine Auszahlungsquote von um die 96 % für dieses Spiel. Legale Anbieter mit deutscher Lizenz können nur eine Auszahlungsquote von ca. 84 % bieten. Die Auszahlungsquote bei legalem Spiel ist also deutlich niedriger als bei illegalen Anbietern. Das liegt an der Steuerbelastung der legalen Anbieter, an den Aufwendungen für Compliance und den Kosten für die Lizenzen. Viele Spieler wissen dies und suchen deswegen gezielt den illegalen Markt auf. Niemand verliert gerne auf lange Sicht 12 % mehr von seinem Spieleinsatz.
Funktionen, die Spielern beim legalen Glücksspiel fehlen
Für legale Glücksspielanbieter ist eine Autospin-Funktion verboten. Der Spieler kann also nicht einstellen, dass automatisch der nächste Spin startet, wenn der letzte fertig ist. Das wird aber von vielen Spielern gesucht.
Ähnlich ist es mit der Vorschrift, dass eine Umdrehung der Walze mindestens fünf Sekunden dauern muss. Auch das ist bei Spielern nicht beliebt. Natürlich wurden diese Funktionen in den Glücksspielstaatsvertrag aufgenommen, um der Spielsucht entgegenzuwirken. Es führt aber eher dazu, dass gefährdete Spieler in den illegalen Bereich abwandern. Positive Einrichtungen wie ein Notfallbutton, mit dem man sich für 24 Stunden selbst sperren kann, stehen spielsüchtigen Spielern dort nicht zur Verfügung.
Attraktiveres Angebot bei illegalen Glücksspielanbietern
Legale Online-Casinos bieten meist weniger als 1000 verschiedene Online-Spielautomaten an, denn jedes virtuelle Automatenspiel wird von der GGL geprüft, bevor es online gespielt werden darf. Wartezeiten wegen stockender Freischaltung und die anfallenden Kosten führen dazu, dass das Angebot bei den legalen Anbietern sehr eingeschränkt ist.
Illegale Anbieter haben diese Beschränkungen und Kosten nicht und bieten deshalb oftmals über 10.000 verschiedene Spielautomaten. Zudem ist ihnen möglich, Bankhalterspiele wie Blackjack und Roulette in ihr Angebot aufzunehmen. Für legale Glücksspielanbieter ist dies verboten. Spieler bei lizenzierten Anbietern können deshalb in Deutschland meist nur Slots spielen. Wer Blackjack oder Roulette online spielen will, muss dafür einen illegalen Anbieter finden.
Alternative Vorgehensweisen zur Kanalisierung in den legalen Glücksspielmarkt
Dabei könnte den illegalen Anbietern leicht der Garaus gemacht werden. Wenn Spieler bei legalen Anbietern ein attraktives Angebot vorfinden würden, wäre der Schwarzmarkt schnell ausgetrocknet. Attraktive Rahmenbedingungen für Spieler und Spielerschutz schließen sich dabei keinesfalls aus. Über eine bundesweite Sperrdatei können sich Spieler für alle Anbieter sperren lassen, wenn sie das Gefühl haben, dass mit dem Spielverhalten etwas aus dem Ruder läuft. Weiterhin gibt es bereits in jedem legalen Online-Casino einen Panikbutton. Mit dem Button können sich Spieler mit nur einem Klick für 24 Stunden sperren lassen.
Es gibt also bereits sinnvolle und effektive Maßnahmen, um pathologische Spieler zu schützen. Auf der anderen Seite gibt es derzeit Maßnahmen, die keinen Beitrag zum Spielerschutz leisten, sondern den Spieler durch unattraktive Vorgaben in den Schwarzmarkt drängen. Beispiele sind die 5-Sekunden-Regel oder eine fehlende Auto-Spin Funktion.
Geplante Evaluierung des GGL-Staatsvertrages
Um den aktuellen Glücksspielstaatsvertrag zu überprüfen, will die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder eine dreijährige Evaluierung[15] durchführen lassen. Neben dem sehr langen Zeithorizont, währenddessen sich der illegale Glücksspielmarkt etablieren kann und tausende von Spielern dort viel Geld verspielen werden, wirft auch die Vergabe an Dr. Tobias Hayer einige Fragen auf. Der Glücksspiel- und Spielsuchtforscher war an der Ausschreibung der Evaluation beteiligt, die dann in nur 30 Tagen beantwortet werden musste. Als einziger Bieter hat Hayer die Ausschreibung gewonnen und soll nun drei Jahre lang die Wirkungen des Staatsvertrages erforschen und weitere Handlungsempfehlungen erarbeiten.
Funktioniert das Payment-Blocking wie im Glücksspielstaatsvertrag geplant?
In ihrem Tätigkeitsbericht für 2023 teilt die GGL mit:
Als Vollstreckungsinstrument stellte sich 2023 das Payment-Blocking als besonders wirkungsvoll heraus. Beim Großteil der illegalen Glücksspielanbieter war Ende 2023 der Zahlungsverkehr über namhafte und allgemein bekannte Zahlungsdienstleister nicht mehr möglich.“[16]
Unter Payment-Blocking versteht man die Tatsache, dass illegale Glücksspielanbieter die Einzahlungen der Spieler nicht mehr über seriöse Zahlungsdienstleister abwickeln können. Die obige Aussage der GGL ist laut der GambleBase.com Redaktion unzutreffend. Wir haben bei mehr als 50 illegalen Online-Casinos, die nicht auf der Whitelist der GGL gelistet sind, die Angebote zur Zahlungsabwicklung kontrolliert.
Das Ergebnis: Illegale Online-Casinos bieten alle gängigen Zahlungsmethoden an:
Welche Zahlungsdienstleister setzen illegale Glücksspielseiten ein?
Die illegalen Anbieter sind wie oben dargestellt mit wenigen Klicks über Suchmaschinen wie Google oder Bing für deutsche Nutzer auffindbar. Eine Registrierung dauert nur wenige Sekunden und danach kann mit allen namhaften Zahlungsdienstleistern bei den illegalen Online-Casinos eingezahlt werden.
Folgende Einzahlmöglichkeiten haben wir nachgewiesen:
Visa oder Mastercard, paysafecard, Echtzeit-Überweisung, normale Banküberweisung, Skrill, Neteller, Jeton und viele weitere Zahlungsdienstleister sowie Kryptowährungen wie Bitcoin oder Litecoin. Viele der illegalen Online-Casinos werben sogar direkt mit den Logos großer Banken, darunter Sparkasse, Deutsche Bank, Volksbanken, Raiffeisenbanken und Postbank.
Die Online-Casinos greifen offenbar auf einen Trick zurück. Es werden Zahlungsanbieter aus dem Ausland genutzt, die die Zahlungen abwickeln. Der Spieler zahlt also nicht direkt über sein Sparkassen- oder Volksbank-Konto ein, sondern es werden ausländische Zahlungsanbieter zwischengeschaltet. Die Logos der Banken werden vermutlich ohne deren Wissen eingebunden und sollen Vertrauen bei den Spielern schaffen. Welcher Spieler kommt schon bei einer Einzahlung im Online-Casino auf die Idee, dass er gerade eine illegale Transaktion ausführt, wenn er ein Logo der Sparkasse oder Volksbank sieht?
Die Zahlungsdienstleister sind bemüht, ihre Strukturen zu verschleiern. Ruft man die Webseite des Zahlungsanbieters auf, wird eine Fehlermeldung angezeigt. Es gibt keine Kontaktmöglichkeit. Die Server stehen im Ausland und die Domaininhaber werden mit einer Whois-Protection anonymisiert.
Wissen Kreditkartenanbieter und Banken mit was für dubiosen Zahlungsanbietern sie zusammenarbeiten?
Ob deutschen Finanzinstituten bekannt ist, dass hunderte, illegale Online-Casinos indirekt Zahlungen über sie abwickeln, lässt sich von uns nicht eindeutig klären. Die Aussage der GGL, dass Payment-Blocking als Vollstreckungsinstrument besonders wirkungsvoll sei, kann nach unseren Nachforschungen aber dem Bereich der Mythen zugeordnet werden. Es ist illusorisch zu glauben, dass effektives Payment-Blocking erfolgen kann. Es werden sich immer Zahlungsdienstleister finden lassen, die bereit sind, Zahlungen für illegale Online-Casinos abzuwickeln.
Selbst wenn der Fiatgeld-Zahlungsverkehr[17] bei illegalen Online-Casinos eingestellt werden könnte, würden Spieler einfach auf alternative Zahlungsmethoden wie Kryptowährungen umsteigen, was bereits von zahlreichen Spielern praktiziert wird. Die GGL kämpft in diesem Bereich einen Kampf gegen Windmühlen.
Wie ist der Stand bei Netzsperren für illegale Glücksspielanbieter?
Neben Payment-Blocking sieht die Behörde das IP-Blocking als wichtigen Baustein bei der Bekämpfung illegaler Glücksspielangebote. IP-Blocking, auch Netzsperre genannt, ist das Verbot an Provider, bestimmte Inhalte im Internet zu veröffentlichen. Für einige illegale Glücksspielanbieter hat die GGL solche Netzsperren verfügt.
Allerdings wurden die Sperrverfügungen vor Verwaltungsgerichten angefochten und von den Gerichten aufgehoben[18]. Die von den Verfügungen betroffenen Access-Provider seien „keine verantwortlichen Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes.“[19]
Auch die Beschreitung dieses Weges zur Regulierung des illegalen Glücksspielmarktes ist der GGL also momentan verschlossen.
Die Attraktivität des illegalen Glücksspielmarktes
Warum der illegale Markt so attraktiv ist, lässt sich leicht erklären. Wir von GambleBase.com arbeiten NICHT mit illegalen Online-Casinos zusammen. Wir halten uns streng an alle Vorgaben und bewerben nur Anbieter von der staatlichen Whitelist der GGL. Trotzdem erhalten wir jeden Tag Anfragen von illegalen Anbietern, welche mit uns zusammenarbeiten wollen.
Dabei bieten die illegalen Anbieter als Provision für jeden geworbenen Spieler bis zu 50 % revshare oder bis zu 500 Euro CPA.
Was bedeuten revshare und CPA?
Der Name revshare-Modell kommt aus dem Englischen. Rev steht hier als Abkürzung für revenue, was mit Einkünften zu übersetzen ist. Der ganze Ausdruck bedeutet also „teilen der Einkünfte“ und beschreibt die Zahlungsmethode, bei der das Glücksspielunternehmen einen bestimmten Prozentsatz seiner Einkünfte an den Vermittler des Spielers abgibt. Der Vermittler ist der Anbieter der Affiliate-Werbung. Das bedeutet im Klartext, dass bis zu 50 % des Verlustes eines Spielers an den Vermittler geht und das solange der Spieler aktiv ist, also möglicherweise lebenslang. Hier können unter Umständen riesige Summen fließen.
CPA steht für Cost per Action und bedeutet, dass ein Affiliate-Anbieter für einen Spieler, der im illegalen Glücksspielportal einzahlt, bis zu 500 Euro bekommen kann.
Diese hohen Provisionen können von ausländischen Casinos ohne Lizenz gezahlt werden, weil es wenig Spielerschutzbestimmungen gibt. Einzelne Spieler verlieren unter Umständen hunderttausende Euro. Für die Casinos sind diese hohen Vergütungen lukrativ, weil sie mit jedem erreichten Spieler hohe Gewinne einfahren können.
Einnahmen im Affiliate-Markt für legale Glücksspielseiten
Wer ausschließlich legale Anbieter bewirbt (wie Gamblebase) kann hingegen nur mit einem CPA von 20 – 100 Euro rechnen, denn durch die Einschränkungen des Glücksspielstaatsvertrages können die legalen Online-Casinos nicht so viel verdienen, wie die illegalen Anbieter. Das revshare-Modell ist nach dem Glücksspielstaatsvertrag verboten.[20]
Die Zahlen zeigen, wie extrem lukrativ der illegale Markt im Glücksspielbereich immer noch ist. Daher wird es auch in Zukunft Anbieter aus dem Ausland geben, die gerne das Geld deutscher Spieler nehmen und die mit einem attraktiven Spielangebot punkten können. Nur wenn auch legale Anbieter die Möglichkeit erhalten, ein ähnlich attraktives Angebot zu bieten, könnte man den Sumpf aus illegalen Affiliate Plattformen und illegalen Casinos austrocknen. Die bisherigen Maßnahmen zur Regulierung durch die GGL sind weitgehend wirkungslos verpufft.
Steuereinnahmen aus dem Bereich Glücksspiel
In finanzieller Hinsicht ist der deutsche Glücksspielstaatsvertrag bzw. die deutsche Glücksspielregulierung keine nachhaltige Erfolgsgeschichte für den Staat. Das kann an den erzielten Steuereinahmen abgelesen werden. Alle Bundesländer gemeinsam nahmen im Mai 2023 noch 21,23 Millionen Euro Steuereinnahmen aus dem Bereich Online-Glücksspiele ein.
Ein Jahr später im Mai 2024 waren es nur noch 15,5 Millionen Euro, also fast sechs Millionen weniger als im Jahr zuvor. Das entspricht einem Einbruch von ca. 27 %. Nachzulesen sind die sinkenden Steuereinnahmen beim Bundesfinanzministerium unter den kassenmäßigen Steuereinnahmen nach Steuerarten und Gebietskörperschaften[21].
Warum die Steuern sinken, lässt sich aus den Zahlen nicht ablesen. Aber die Erklärung, dass eher mehr als weniger Spieler in den illegalen Glücksspielbereich abwandern, der keine Steuern bezahlt, ist zumindest nicht von der Hand zu weisen.
Warum sind die Steuereinnahmen in den verschiedenen Bundesländern so unterschiedlich?
Die Steuereinnahmen werden dort erzielt, wo der Spieleanbieter seinen Geschäftssitz angemeldet hat. Der Wohnort des Spielers spielt dabei keine Rolle. Für alle ausländischen Glücksspielanbieter ist das Finanzamt in Frankfurt zuständig, was die hohen Einnahmezahlen für Hessen erklärt. Es gibt also auch Glücksspielanbieter aus dem Ausland, die hierzulande Steuern zahlen. Viele dürften das aber nicht sein, wenn man das unüberschaubare Angebot an Glücksspielseiten im Internet betrachtet und die eingenommene Steuersumme in Hessen von 13,3 Millionen Euro für den Mai 2024 dazu in Beziehung setzt.
Sportwetten im Umfeld der Fußball Europameisterschaft
Die GGL setzte im Jahr der Fußball Europameisterschaft einen Schwerpunkt ihrer Überwachungsarbeit bei den Sportwetten.
Bereits im Vorfeld des Großereignisses überwachte die Behörde verstärkt die Werbeaktivitäten der Sportwettenveranstalter im Hinblick auf die EM. Hauptsponsor Betkick Sportwettenservice GmbH (Betano) bildete dabei ein Schwerpunkt.“[22]
Unserer Ansicht nach vergeudet die GGL ihre Ressourcen damit auf Nebenschauplätzen. Legale Anbieter werden streng überwacht, illegale Anbieter hingegen operieren hingegen aus dem Ausland, ohne nennenswerte Einschränkungen.
Immer mehr legale Anbieter verlassen den deutschen Markt
Uns liegen Informationen vor, dass immer mehr legale Glücksspielanbieter den deutschen Markt verlassen.
Einem ehemals lizenziertem Anbieter, Bet3000, wurde sogar die Lizenz entzogen.
Während illegale Anbieter weiterhin ungehindert ihren Geschäften nachgehen können, haben legale Glücksspielanbieter mit umfangreichen Herausforderungen zu kämpfen
Quellenangaben
- https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/news/366-ggl-veroeffentlicht-taetigkeitsbericht-2023-rueckblick-erfolge-und-marktzahlen
- https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Illegales-Gluecksspiel-in-MV-Landeskriminalamt-zaehlt-viel-mehr-Faelle,gluecksspiel374.html
- https://www.zeit.de/news/2024-06/25/illegales-gluecksspiel-mehr-delikte-in-mv-registriert
- https://www.zeit.de/news/2024-05/09/illegales-gluecksspiel-in-bayern-auf-rekordhoch
- ebd.
- https://gamblebase.com/wie-der-gluecksspielstaatsvertrag-den-illegalen-markt-staerkt/
- https://www.isa-guide.de/isa-law/articles/283083.html
- https://casinoverband.de/fileadmin/user_upload/Pressemitteilungen/Schnabl-Studie-Final.pdf
- http://www.bewersdorff-online.de/zfwg/Bewersdorff_Die%20misslungene%20Kanalisierung%20bei%20Automatenspielen.pdf
- https://www.gamesundbusiness.de/ggl-weist-kritik-zurueck
- https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/news/310-ggl-divergierende-herangehensweisen-bei-der-erhebung-von-daten-zum-umfang-des-illegalen-gluecksspielmarktes
- https://gamblebase.com/studie-zu-ueber-90-ist-die-werbung-fuer-online-casinos-und-glueckspiel-angebote-illegal/
- https://gamblebase.com/trotz-gluecksspielstaatsvertrags-76-der-affiliate-werbung-fuer-online-casinos-illegal/
- https://www.mz.de/mitteldeutschland/sachsen-anhalt/warum-die-staatsanwaltschaft-halle-mehr-als-100-strafanzeigen-gegen-illegale-zockerbuden-einstellt-3877475
- https://www.businessinsider.de/wirtschaft/wie-geplanter-lottogewinn-ein-gluecksspielforscher-erhielt-staatlichen-750-000-euro-auftrag-obwohl-er-am-entwurf-der-ausschreibung-beteiligt-war/
- https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/news/366-ggl-veroeffentlicht-taetigkeitsbericht-2023-rueckblick-erfolge-und-marktzahlen
- Als Fiatgeld werden Währungen bezeichnet, die staatlich reguliert und kontrolliert werden wie etwa Euro oder Dollar
- https://community.beck.de/2023/02/07/verwaltungsgerichte-bremsen-sperrverfuegungen-der-gluecksspielbehoerde-gegen-internet-provider-aus
- https://itmedialaw.com/gerichte-kippen-ip-sperre-bei-illegalem-gluecksspiel/
- https://www.dlapiper.com/-/media/files/insights/publications/2021/05/dla-piper-germany—glcksspielstaatsvertrag-2021.pdf?rev=203bb16dd9f14f868d2867f5244f0568&hash=A8C80C2B235468FDE6C924E3D1BA898F
- https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/1-kassenmaessige-steuereinnahmen-nach-steuerarten-und-gebietskoerperschaften.html
- https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/news/366-ggl-veroeffentlicht-taetigkeitsbericht-2023-rueckblick-erfolge-und-marktzahlen
2 Responses
Danke für diese sehr gelungene und mühevolle Arbeit. Für mich als Spieler wären die Jackpots ein anreiz für legales Sielen.
Sehr gerne 😉